St. Antony Hütte – Die Wiege der Ruhrindustrie

Die St. Antony-Hütte, auch Gottesgnadenhütte genannt, ist eine Gründung des Freiherrn Franz Ferdinand von (der) Wenge zu(m) Dieck (1707 – 1788), Domkapitular in Münster. Sie liegt in Osterfeld, das zu der Zeit zum kurkölnischen Vest Recklinghausen gehört. Deshalb schreibt von Wenge an seinen Landesherrn, den Erzbischof Clemens August von Köln und bittet den Hochwürdigst Durchlauchtigsten Churfürsten, in der Gegend von Osterfeld und Buer Eisen­stein abbauen zu dürfen, den er dort gefunden, also geschürft, hat. Er unterzeichnet den Brief mit

Ew. Churfürstl. Durchl.
Meines Gnädigsten Herrn Herrn
Demüthigst Treugehorsam
Frantz von Wenge.

Von Wenge muß sich an seinen Fürsten wenden, weil diesem das Verfügungsrecht über bestimmte Mineralien zusteht. Das Bergrecht nennt das Gesuch um Verleihung eines Bergwerkseigentums, das ist das Abbaurecht eines Minerals, Mutung.

Der Herr Domkapitular hat seine Mutung ohne Datumsangabe eingereicht, sie kommt aber laut Eingangsvermerk am 25. Februar 1741 bei der kurfürstlichen Hofkammer an. Diese entspricht noch am selben Tage dem Antrag, erwartet aber zu gegebener Zeit eine präzisierte Eingabe, damit das Bergwerkseigentum an einem bestimmten Eisenbergwerk verliehen werden könne.

2,5 Jahre später wiederholt der geistliche Herr seine Mutung. Daraufhin erlaubt in einer Urkunde vom 15. Oktober 1743

Clement August von Gottes Gnaden Ertzbischoff zu Cöllen, des Heyl. Römischen Reichs durch Italien ErzCanzler und Churfürst, p.p., Franz von der Wenge Thums Capitular zu Münster in der gegend Von Osterfeldt und Buer Vests Recklinghausen in einem Verstreuten steinigen Ohr-grundt ein Eysen-Bergwerck rege zu machen

Der Souverän verleiht dem Antragsteller zunächst ein Bergwerk ohne Namen. Erst im Juni 1753 wird es aufgrund eines weiteren Antrags in einer zweiten Verleihungsurkunde Zu Gottes Gnaden genannt.

In seiner Eingabe vom 17. Mai 1752 ersucht der unterthänigst Treugehorsambste Frantz Ferdinandt von der Wenge den Hochwürdigst Durchlauchtigsten Ertzbischoff um das Recht, auch eine Eisenhütte bauen und betreiben zu dürfen.

Am 13. Juli 1753 erteilt die Bonner Hofkammer des Erzbischofs die

Concession Zu erbauung und anlegung einer Eisenschmeltz, Hütten, und Hammerwerks im Vest Recklinghausen für Frantz Ferd. v. Wenge Dombherr zu Münster

mit folgenden Auflagen:

Der Antragsteller muss

  • die Hütte auf eigenem Grund und Boden errichten und selbst finanzieren
  • sobald die Hütte in Betrieb ist, nach drei abgabenfreien Jahren jährlich 20 Reichsthaler abführen und sich genauestens
  • an die Churcölnische Berg-Ordnung vom 4. Januar 1669 halten.

Das Gebiet, welches von der Dorstener – und der Teutoburger Straße, sowie von der Dinnendahl – und der Harkortstraße begrenzt wird, also Klosterhardt, ist damals nur dünn besiedelt. Der an sich schon karge Boden liefert wenig Erträge, weil an vielen Stellen Eisenstein den Bauern bei der Bewirtschaftung zusätzlich zu schaffen macht. Sie müssen das wertlose Mineral ausgraben und irgendwo ablagern. Wenn die Hütte das Erz zukünftig abnimmt, wird es dagegen zu einer willkommenen Einnahmequelle für die Bewohner.

Folglich fällt es dem Baumeister Jean Antony von Graes, den von Wenge schon 1752 mit dem Hüttenbau beauftragt, nicht schwer, am Elpenbach das für eine Eisenhütte passende Grundstück zu pachten.

Er wählt diesen Standort aus folgenden Gründen:

  • das Raseneisenerz lagert in 15 cm bis 30 cm dicken Schichten ganz in der Nähe höchstens 1 m tief im Boden, es kann leicht abgebaut und über kurze Wege transportiert werden
  • Holzkohle für den Hochofen steht bei den Köhlern in den umliegenden Wäldern in ausreichender Menge zurVerfügung
  • der angestaute Elpenbach ist in der Lage, das Hocho­fengebläse sowie die Hammer- und Pochwerke anzutreiben und das Waschwasser für die Erzaufbereitung zu liefern.

Zwischen der ersten Mutung auf Eisenerz und der Betriebserlaubnis für die Hütte liegen 12 Jahre, und es werden noch einmal 5 Jahre vergehen, bis diese endlich den Hochofen anblasen kann. Grund für die zusätzliche Verzögerung ist ein Streit mit dem bachabwärts gelegenen Kloster Sterkrade wegen einer befürchteten Wasserverschmutzung; es geht also damals schon um Umweltschutzprobleme.

Die adeligen Damen lassen ab 1752 unter der Leitung ihrer jungen Äbtissin Maria Sophia von Wrede (1729 – ????) alle ihre Beziehungen spielen, um den begonnenen Hüttenbau zu verhindern. Sie argumentieren, daß das durch die Erzwäsche belastete Wasser des Elpenbachs weder zum Backen noch zum Waschen geeignet sei, und selbst die Fischzucht, auf die sie aus wirtschaftlichen Gründen angewiesen seien, leide unter der zu erwartenden schlechten Wasserqualität. Außerdem stelle der Hüttenteich bei einem Staudammbruch eine ernste Gefahr für die beiden Klostermühlen dar.

Mit diesen Begründungen und dem Einfluß der adeligen Verwandtschaft haben die Damen zunächst Erfolg, denn das Gericht in Dorsten verbietet den Hüttenbau.

Von Wenge sieht das Ganze jedoch als ein bergrechtliches Problem und erkennt das Urteil nicht an. Er stützt sich dabei auf einen anerkannten Fachmann, den königl. preußischen Bergmeister Scherenberg, der in seinem Gutachten bescheinigt, daß der Betrieb der Hütte weder die Wasserqualität des Elpenbachs verschlechtern noch die Klostermühlen gefährden wird.

Schließlich spricht der Erzbischof 1756 bei den Klosterfrauen ein Machtwort und verbittet sich die ständigen Proteste.

Nun kann der Freiherr von Wenge endlich das lange blockierte Vorhaben weiter­führen. Den von Graes begonnenen Bau der St. Antony-Hütte setzt der Meister Westhoff aus Bocholt mit seinen Leuten fort, während Spezialisten aus Belgien den ersten Hochofen errichten. Die Bauern begegnen den wahrscheinlich ersten Gastarbeitern in Osterfeld mit gemischten Gefühlen. Keiner will mit ihnen unter einem Dach leben und sie in Kost und Logis nehmen.

Aus heutiger Sicht ist fast alles schon einmal dagewesen!

Die St. Antony-Hütte nimmt am 18. Oktober 1758 ihren Betrieb auf. Nach Schwierigkeiten in den ersten Betriebsjahren beschäftigt sie je nach Vorrat an Erz und Holzkohle zwischen 20 und 80 Mitarbeiter höchstens 30 Wochen im Jahr und erzeugt in Sandformen bis zu 300 t Gußwaren. Der benötigte Formsand kommt in unmittelbarer Nachbarschaft in großen Mengen vor. Im Sortiment sind Öfen, Töpfe, Treppengeländer, Rohre, ab 1803 auch Kessel, Pumpen und Maschinenteile sowie, wenn es sein muß, Kanonenkugeln. Ein Teil der Erzeugnisse geht über den Hafen Ruhrort in den Export.

Zur Belegschaft gehören bis zu 16 Erzgräber, die das Rasenerz hauptberuflich abbauen. Heute würden wir sie als Bergleute bezeichnen. Man kann also sagen, daß im Stadtgebiet von Oberhausen seit 1758 Bergbau umgeht.

In den ersten Jahren betreibt von Wenge die Hütte mit einem angestellten Meister auf eigene Rechnung. In dieser Zeit wächst der Betrieb langsam weiter. Das 1766 errichtete Hammerwerk erlaubt das Ausschmieden von Stabeisen und Flintenläufen. Ein Jahr später muß wegen der großen Nachfrage sogar der zweite Hochofen und eine Erzwäsche gebaut und in Betrieb genommen werden.

1771 laufen auf St. Antony erfolglose Versuche, im Hochofen an Stelle der knapper werdenden Holzkohle Steinkohle einzusetzen. Die Pioniere wissen noch nicht, daß sie geeignete Steinkohle zuerst in Koks umwandeln müssen.

Nach diesem Fehlschlag verpachtet von Wenge sein Unternehmen an die Herren Schwarz und Hund aus Bocholt. Aber schon nach wenigen Jahren kommt es immer wieder zu Streitigkeiten zwischen den Partnern, die 1778 mit einer Räumungsklage enden. Die Pächter nehmen das Urteil wörtlich: sie transportieren alles ab, was nicht niet- und nagelfest ist und verlassen die Hütte fluchtartig. Während der gesamten Pachtzeit zahlen sie nur 500 Rthlr. an den Domherrn.

Der Siegener Hüttenmeister Eberhard Pfandhöfer übernimmt die Anlage 1779 zunächst allein. Ab 1781 gilt ein geänderter Pachtvertrag: Gerhard Doeinck et Compagnie und Pfandhöfer verpflichten sich, je 50 % der Pacht pünktlich zu zahlen. Zwei Jahre später tritt Pfandhöfer von der Vereinbarung zurück, weil er zeitgleich in Sterkrade, das im Herzogtum Kleve liegt, seine eigene Hütte Gute Hoffnung als Konkurrenz zu

St. Antony baut und seit dem Frühjahr 1782 auch erfolgreich betreibt. Die übrigen Gesellschafter pachten die Hütte bis 1790 allein weiter.

Franz Ferdinand von Wenge stirbt am 5. September 1788 im Alter von 81 Jahren. Erben sind die Enkel seiner Schwester Johanna Robertine von Hövel. Diese wollen den Pachtvertrag auslaufen lassen und die Hütte anschließend verkaufen. Sie verlängern ihn aber notgedrungen immer wieder um ein Jahr, weil sich der Verkauf als ein schwieriges Unterfangen erweist. Erst auf die dritte Zeitungsannonce von September 1791 meldet sich ein geeigneter Bewerber.

Eberhard Pfandhöfer zeigt sich am Kauf interessiert. Die Verhandlungen ziehen sich jedoch hin und scheitern schließlich im Juli 1793, weil Pfandhöfer die geforderten 1000 Reichsthaler in bar für die Anzahlung angeblich nicht aufbringen kann.

Zwischenzeitlich nimmt an der Emscher auf dem Gebiet des Reichsstifts Essen im Jahre 1791 die Hütte Neu Essen den Betrieb auf. Die Besitzerin, Fürstäbtissin Maria Cunegunda (1740 – 1826), möchte St. Antony ebenfalls kaufen, weil ihr Hüttenleiter Gottlob Jacobi (1770 – 1823) hofft, die in letzter Zeit aufgetretenen Rohstoffengpässe durch Zusammenführung der Betriebe besser in den Griff bekommen zu können.

Jacobi übernimmt die Verhandlungen mit dem Beauftragten der Erben von Wenges. Sie führen am 28. Juli 1793 zu einem notariell beglaubigten Verkaufsvertrag, da die am 26ten dieses mit dem Herrn Gerhard Pfandhöfer gepflogene Verkaufs Unterhandlung wegen Mangel der auf der stelle zu erlegenden Gelder zu keinem Abschluß gebracht werden konnte.

Die Hütte wechselt für insgesamt 6000 Reichsthaler mit allen Liegenschaften, Auflagen und Abgaben ihren Besitzer. Für den Kaufpreis wird folgende Ratenzahlung vereinbart:

  • 1000 Rthlr. sofort
  • 1000 Rthlr. bei Aushändigung des vom Kurfürsten genehmigten Kaufvertrages
  • 2000 Rthlr. am 1. Januar 1794
  • 2000 Rthlr. am 1. April 1794

Zur Zeit des Verkaufs ist die Hütte offensichtlich nicht in Betrieb, denn im Vertragstext heißt es:

Sechstens Soll mit der Arbeit auf der Hütte sobald als möglich angefangen werden.

Pfandhöfer fühlt sich übervorteilt und geht gerichtlich gegen den Kontrakt vor. Er kann zwar kein Dokument vorweisen, hat aber Zeugen, die die Existenz eines Vertrages mit ihm über den Hüttenkauf auf ihren Eid nehmen. Obgleich das Gericht den Vertrag mit der Fürstäbtissin für ungültig erklärt, schließen die Parteien Ende 1795 einen Vergleich. Der Kläger begnügt sich damit, St. Antony für sechs Jahre zu pachten. Aber schon im Januar 1798 verläßt Pfand­höfer die Hütte endgültig, weil er den Pachtzins nicht bezahlen kann.

Maria Cunegunda faßt ihre Hütten St. Antony und Neu Essen zusammen. Gottlob Jacobi, der nicht nur beide Betriebe leitet, sondern auch mit einem Viertel an ihnen beteiligt wird, verlegt seinen Wohnsitz nach Klosterhardt. Das Haus ist als einziges Gebäude der Antony-Hütte bis heute erhalten. Er heiratet am 19. Juni 1800 Johanna Sophie Haniel, eine Schwester der Ruhrorter Kaufleute und Spediteure Franz (1779 – 1868) und Gerhard (1774 – 1834) Haniel. Über diese Firma wickelt die Antony-Hütte schon seit Jahren den Vertrieb ihrer Erzeugnisse ab. Dadurch bekommen die Haniel-Brüder auch Einblick in das lukrative Hüttengeschäft. Und als die Äbtissin ihre Anteile an den beiden Werken für 23 800 Rthlr. bzw. 8 000 Rthlr. zum Kauf anbietet, greifen sie zu.

Durch den Vertrag vom 10. Mai 1805 werden die beiden Kaufleute zusammen mit ihrem Schwager Jacobi, der die technische Leitung behält, Besitzer der Hütten St. Antony und Neu Essen. Der Kaufpreis für St. Antony ist so hoch, weil auf der Hütte größere Mengen Erz, Holzkohle und Fertigprodukte lagern und alles in Pausch und Bogen veräußert wird. Zur Hütte Neu Essen gehört auch eine Mahl- und Oelmühle zu Oberhausen, die die Besitzer später (1828) in ein Blechwalzwerk umbauen.

Unter dem Management von zwei versierten Kaufleuten und einem erfahrenen Techniker läuft das Unternehmen gut. Die Witwe Helene Amalie Krupp, die seit 1800 die Hütte Gute Hoffnung besitzt und hier mit vergleichsweise mäßigem Erfolg produziert, fühlt sich dieser Konkurrenz nicht mehr gewachsen. Deshalb verkauft sie ihre „Eisenschmelze“ im September 1808 für 37 800 Rthlr. an den späteren Essener Bürgermeister Heinrich Huyssen (1779 – 1870). Huyssen gehört ebenfalls zur Verwandtschaft der Gebrüder Haniel , denn diese sind mit seinen Schwestern Henriette und Friederike verheiratet. Frau Krupp stimmt einer Ratenzahlung des vereinbarten Kaufpreises nur zu, wenn Gerhard Haniel, Franz Haniel und Gottlob Jacobi als kapitalkräftige Unternehmer für die Restsumme bürgen.

Die drei Betriebe befinden sich also im Besitz einer Familie und einem Zusammenschluß steht nichts mehr im Wege. Noch im selben Jahr (1808) handeln die vier Teilhaber einen Gesellschaftsvertrag über die Gründung der Hüttengewerkschaft und Handlung Jacobi Haniel & Huyssen (JH&H) aus, der 1810 vor einem Notar ergänzt und beurkundet wird. Jeder Gewerke erhält ein Viertel der Kuxe.

Gottlob Jacobi liegt die Direction über die drey Hütten ausschließlich ob, und hat derselbe für die Verfertigung der Waaren allein Sorge zu tragen, wofür derselbe ein jährliches Gehalt von 600 Rthlr. nebst freiem Brand, Licht, Wohnung, wie auch Doctor, Apotheke, und Briefporto frey, und hinlänglich Land zum Gemüß Garten erhält

Bei der Gründung von JH&H ist auf St. Antony und auf Gute Hoffnung nur je ein Hochofen in Betrieb, trotzdem kann das eigene Erz den Bedarf nicht decken. Das Unternehmen muß aus dem Lahn-Dill-Gebiet Erze zukaufen und außerdem noch Roheisen importieren, weil auch die Holzkohle immer knapper und teuerer wird. Der Rohstoffmangel führt schließlich 1820 zur Stillegung der Antony-Hütte. Auf dem Gelände nimmt 1821 eine Papierfabrik den Betrieb auf. Sie kommt auch nach 6 Jahren nicht aus den roten Zahlen heraus.

Johannes Terlunen, von 1826 bis 1869 Pfarrer an St. Pankratius, bemerkt dazu in seiner Chronick über Osterfeld:

1820 worde die S. Antoni Eisenhütte abgebrochen, und in einer Papier Mühle umgewandelt, worauf H. Teshenmacher gleich als inspector und Papier Fabrikannt angesetzt worde, diese Mühle kostete 13 000 Thr und lieferte sehr schönes Papier, aber da sie sich nicht nach Wunsch rentierte, so bestand sie nur 6 Jahre, man entließ den Inspector mit seinen Leuten, und baute wieder einen Hochofen erweiterte die Gebäulichkeiten, legte noch eine Dampfmaschine an und war wieder eine Eisenschmelze

Das Unternehmen bläst also 1827 den Hochofen nochmals an und die Hütte stellt aus dem heimischen Raseneisenerz wieder die bekannten Gießerei – Erzeugnisse her. In den 1830er Jahren erlebt St. Antony die letzte Blütezeit, weil Preußen größere Mengen Munition ordert. Nach diesem Auftrag geht die Produktion immer mehr zurück, und 1843 kommt für den Hüttenbetrieb das endgültige Aus. Die Gießerei und eine neue Röhrendreherei produzieren mit angeliefertem Roheisen bis 1877 weiter. Dann läßt sich der Betrieb wegen der ungünstigen Verkehrslage und der veralteten Fertigungsmethoden nicht mehr wirtschaftlich führen.

Die Wiege der Ruhrindustrie schließt am 30. April 1877 für immer ihre Tore.

In den folgenden Monaten werden einige Betriebsgebäude abgerissen, die rest­lichen zu Wohnhäusern umgebaut. Diese Zeugen der Antony – Hütte überdauern die Zeiten bis Mai 1969. Dann fallen sie eigentlich ohne Not der Spitzhacke zum Opfer. Geblieben ist nur das schon angesprochene Wohnhaus des Hüttenleiters Gottlob Jacobi, seit 1975 Domizil für das Werksarchiv und die Historische Schau der M.A.N. – GHH Sterkrade und heute eine Außenstelle des Rheinischen Industriemuseums.

Das Haus muß nach 1835 wenigstens teilweise neu gebaut worden sein, denn Pfarrer Terlunen hält für die Nachwelt fest:

1835 brante auf Antoni das Wohnhaus des Herrn Jacobi ab.

Hier noch einige Bilder der Antony Hütte zur heutigen Zeit,


Abriss der als Wohnhäuser genutzten Fabrikgebäude der Antony-Hütte

Die NRZ berichtete am 21. Mai 1969 mit folgendem Bild:

Gelände der „Wiege der Ruhrindustrie“ wird Grünfläche.

Mit einiger Verspätung ist mit den Abbrucharbeiten der restlichen Häuser an der Antoniehütte, der Wiege der Ruhrindustrie, begonnen worden. Bagger und Räumer sind dabei, die letzten geschichtlichen Spuren zu beseitigen, nachdem in der letzten Ratssitzung Klage darüber geführt worden war, daß die verfallenen Häuser eine Verunstaltung der Gegend und zudem eine Gebührenquelle (sic!) für die Kinder der Bockmühlenstraße darstellten. Der Landeskonservator beaufsichtigt die Abbrucharbeiten. Die freigelegte Fläche soll in eine Grünanlage umgewandelt werden.

Bild und Unterschrift NRZ vom 21.05.1969.

Es handelt sich um diese Häuser, die es eigentlich auch 1969 schon verdient hatten, als Industriedenkmäler erhalten zu werden.

Hintergrund für die aus heutiger Sicht unverständliche Aktion war die kleine Anfrage des Stadtverordneten Hans Wagner vom 28. April 1969 an die Stadtverwaltung:

Seit längerer Zeit stehen die alten Häuser an der Bockmühlenstraße leer. In der letzten Zeit ist es dort des öfteren zu Vergehen gekommen. Erst in der vergangenen Woche fiel ein Mädchen in einem dieser Häuser einem Notzuchtverbrechen zum Opfer.

Ich frage die Verwaltung:

Was kann unverzüglich getan werden, daß die leerstehenden Häuser vom Eigentümer abgebrochen werden?

In der nächsten Ratssitzung antwortete der zuständige Beamte:

Eine Rückfrage bei der GHH Sterkrade hat ergeben, daß voraussichtlich in dieser Woche mit den Abbrucharbeiten der restlichen Häuser der Antony-Hütte begonnen werden soll. Die Arbeiten werden Zug um Zug durchgeführt.

Die freigelegte Fläche soll in eine Grünfläche umgewandelt, d.h., es sollen Rasen eingesät und Gehölze angepflanzt werden.

Die Durchführung der Arbeiten ist genehmigungsmäßig nicht an eine Frist gebunden.

Die vom Landeskonservator gewünschten Bauaufnahmen sind durchgeführt und es bestehen von dieser Seite aus gegen den Abbruch keine Bedenken.

(Akten der Stadt Oberhausen)

Zwanzig Jahre später erinnerte sich Herr Wagner nicht mehr an seine vermutlich aus wahltaktischen Gründen ergriffene, mittlerweile unpopuläre Initiative, denn er schrieb in einem Beitrag, der 1991 unter dem Titel Klosterhardt, Ein Stadtteil vermittelt Erlebnisse erschien, folgendes:

Viele Klosterhardter haben noch in guter Erinnerung, wie es nach dem zweiten Weltkrieg rund um den Antony-Park aussah. Die restlichen Teile der alten Hammerschmiede rechts des Antony-Parks waren nur noch teilweise erhalten. In gutem Zustand dagegen befanden sich die im übrigen Gelände vorhandenen sieben Arbeiterhäuser. Wie ein Arbeiterdenkmal war fast ständig Opa Fischer, bärtig und selbstbewußt, holzhackend vor der Tür anzutreffen.

Im oberen Haus hinter der Schmiede war die Familie Gardemann bekannt, die für gestärkte Hemdkragen der Väter sorgte. Sechs der sieben Arbeiterhäuser sind bedauerlicherweise, angeblich ohne Wissen der Werksleitung, dem Erdboden gleichgemacht worden. Nur das sogenannte Zeigerhaus , das sich auf der rechten Seite nahe am See befindet, und das heute ein historisches Museum beherbergt, blieb erhalten.

Am 9. November 1969 wurde der Rat der Stadt neu gewählt.
Tackenberg und Klosterhardt – Ein Stadtteilbuch der Stadt Oberhausen – Oberhausen, 1991.

Anmerkung: In diesem Haus wohnte viele Jahre die Familie Zeiger.


Literatur

Ballestrem,Andreas-Marco Graf von: Es begann im Dreiländereck, Tübingen 1970
Grünewald, Bernhard: Festschrift zur Erinnerung an die Verleihung der Stadtrechtean die Gemeinde Osterfeld i. W. am 27. Juni 1921, Osterfeld i. W., 1922
Terlunen, Johannes: Chronick über Osterfeld für die Pastorath daselbst, Hrsg.: Propstei St. Pankratius OB – Osterfeld,Oberhausen 1996, zitiert als: Pfarrchronik St. Pankratius, 1996
Weber, Klaus: Historische Schau auf der St.-Antony-Hütte – Hrsg.: M.A.N. Unternehmensbereich GHH Sterkrade – Oberhausen 1980
Urkunden aus der Entstehungsgeschichte der Gutehoffnungshütte, Aktienverein für Bergbau und Hüttenbetrieb 1741 bis 1872, Hrsg.: Historisches Archiv der Gutehoffnungshütte, Oberhausen 1938