Das Hochwasser vom 30./31. August 1938 in Osterfeld

Am 30./31. August des Jahres 1938 war es, als Osterfeld nach tagelangen starken Regenfällen von einem verheerenden Hochwasser heimgesucht wurde. Die in den nördlichen Gebieten entspringenden Bäche, wie der Koppenburger Mühlenbach – auch Köttelbach genannt – und andere Wasserläufe, schwollen mächtig an und flossen, alles mitreißend, zum tiefsten Punkt Osterfelds, nämlich dorthin, wo die Vikariestraße in die Bottroper Straße (damals Hauptstraße) mündete. Die Kanalisation, zu jener Zeit noch nicht hinreichend ausgebaut, konnte die riesigen Wassermassen unmöglich schlucken. Auch die talwärts führenden Straßen, wie Kampstraße und Bergstraße, glichen reißenden Flüssen, auf denen aus den Feldern gespülte Runkelrüben im Wasserstrom umherstrudelten. An der Hauptstraße standen das Kino, die Wirtschaft Husemann, das Porzellangeschäft Kortz und noch viele andere Geschäfte unter Wasser. Besonders schwer traf es an der unteren Vikariestraße die Backstube von Bross und den Frisör Lohr. Meterhoch stand das Wasser in den Räumen, und die Bewohner flohen in die erste Etage, wo sie dann durch die Fenster in die Boote stiegen. Bis das Wasser endlich sank und die entstandenen Schäden festgestellt werden konnten, war es nur möglich, in der Stadt mit Booten von Haus zu Haus zu gelangen. Nach dieser katastrophalen Überschwemmung wurde dann mit Hochdruck an einer verbesserten Kanalisation in Osterfeld gearbeitet.

1953/54 wurde der Mühlenbach dann an die Kanalisation angeschlossen und 1975 wurde der Querschnitt der Kanalisation endlich verbreitert, so daß man heute nicht mehr mit Überschwemmungen dieser Art rechnen muß.

Unten einige Fotos die das ganze Ausmaß der Überschwemmung zeigt.

Aus: Rhein- und Ruhrzeitung vom 31.08.1938

Wasserkatastrophe in Groß-Oberhausen

Große Schäden in allen Stadtteilen – Osterfeld am stärksten mitgenommen

Seit Menschengedenken haben wir in Oberhausen nicht mehr eine Wassernot von solchen Ausmaßen erlebt wie am gestrigen Tage. Wir unternahmen schon in den frühen Morgenstunden eine Rundfahrt durch die Gebiete, die uns als besonders betroffen geschildert worden waren, und erlebten Szenen, wie sie selbst die ältesten Bewohner unserer Stadt kaum mehr in Erinnerung haben. Vor allem ist es der Stadtteil Osterfeld, der besonders schwer heimgesucht wurde. So stand z. B. in der Bottroper Straße an der Kirche das Wasser so hoch, daß es in dem Lokal Husemann bis an die Tischplatten reichte, während die Schaufenster bis fast zum Bahnhof Osterfeld-Süd einen Wasserstand von etwa 30 cm zeigten. Natürlich sind die ausgestellten Waren sehr mitgenommen, wobei ein Uhren- und Möbelgeschäft die Hauptleidtragenden sein dürften.

Diese Wasserfluten hatte der sonst so bescheidene Koppenburgsmühlenbach beschert, der zunächst an der Mühle dicht beim Bahnübergang verheerend gewirkt hatte. Schilderungen mögen uns erlassen sein, unsere Bilder sprechen eine beredtere Sprache. (Anm.: Die Wassermassen drückten an der Mühle eine Hauswand ein.) Leider wurden durch die entfesselten Wasser auch die Bahnanlagen stark mitgenommen. In der Unterführung für den genannten Bach sind starke Risse entstanden, obwohl es sich um eine reine Zementausführung handelt. Die Unterwühlung war so stark, daß die Fundamente nachgaben. Des weiteren wurde der Bahndamm so unterspült, daß die Gleise stellenweise völlig in der Luft hängen.

Zerstörungen am Bahnhof Osterfeld-Nord und auf der Strecke nach Bottrop.

Man hatte einen Zug noch über den Bahnhof Osterfeld-Nord hinausfahren lassen, er kehrte aber um, bevor er in den tiefen Einschnitt kam, weil hier das Gleis durch von den Böschungen abstürzende Erdmassen und Bäume nicht mehr befahrbar war. So entstanden für die zu ihren Berufsstätten fahrenden Volksgenossen unliebsame Hindernisse, für die aber niemand verantwortlich ist. Großes Erstaunen erregte in diesem Zusammenhang auch der Schnellautobus der Reichsbahn, der zwischen Duisburg und Recklinghausen über die Reichsautobahn verkehrt und nun auf der Vestischen Straße stand, weil sich seiner Fahrt verschiedentlich unüberwindbare Hemmnisse in den Weg gestellt hatten.

Als wir von Dellwig kamen, versuchten wir in Vondern weiterzufahren, aber auch hier hatte sich vom Konsum der GHH ab ein See gebildet, der ein Durchkommen unmöglich machte.

Es war tatsächlich so, daß man nicht mehr wußte, wo man mit dem Wagen durchkommen sollte. Wir waren eben über die Brücke der Strecke Osterfeld-Nord – Bottrop-Nord gefahren und wollten in Richtung Rothebusch, da zeigte sich uns auf der Ripsdörner Straße ein neues Bild der Verwüstung, denn die Straße war auf einer Breite von etwa 10 Meter durch die Wassermassen einfach abgetrieben worden, und ein gähnendes Loch war an der Stelle, an der sonst der Fahrdamm verlief. Ein Bretterzaun hatte den abgeschwemmten Erdmassen den ersten Halt entgegengesetzt.

Nicht nur an der Osterfelder Kirche, sondern auch hinter dem Bahnhof Osterfeld-Süd in Richtung Buschmann hatten sich die Wassermassen gestaut. Mehrere Fahrzeuge standen tief im Wasser, sie waren noch gefahren, als das Wasser etwa 20 cm hoch stand, dann aber von den hereinbrechenden Fluten so überrascht worden, daß sich die Fahrer mit Mühe und Not auf das Dach ihres Führerstandes retten konnten, wo sie warten mußten, bis das Wasser etwas nachließ. Auf dieser Straße ist auch der Bürgersteig auf einer Länge von mehreren Metern glatt eingebrochen. Selbstverständlich wurden auch die Straßenlaternen in Mitleidenschaft gezogen, wie auch sonstiger Schaden, der stellenweise recht beträchtlich ist, angerichtet.

Im ganzen Stadtgebiet litt der Fernsprechverkehr unter dem Eindringen des Wassers in die Kabelschächte, die Straßenbahn mußte sich völlig auf die Wasserfluten einstellen, an das gesamte Fahrpersonal von ihr, wie auch bei Autobus und Reichsbahn wurden ungeheure Anforderungen gestellt …