St. Judas


Nahe der Grenze zu Essen-Dellwig und der Brücke des Rhein-Herne Kanals liegt das Gemeindezentrum von St. Judas Thaddäus, der mit 1.988 Katholiken (davon wohnen 311 auf Essener Gebiet) wohl kleinsten Gemeinde des Dekanates Osterfeld. Bis 1915 gehörten die Bewohner des heutigen Pfarrgebietes zur Kommune Borbeck. Seelsorglich war seit der Abpfarrung im Jahre 1917 die Pfarrei Herz Jesu in Essen-Frintrop (lediglich der kleinere östliche Teil verblieb bei der Muttergemeinde St. Michael in Essen-Dellwig) zuständig.

Unmut wegen der weiten Entfernung und das Gefühl, vernachläßigt zu sein, gaben den Ausschlag dafür, das die Gläubigen sich schon relativ früh um eine eigene Pfarrei bemühten. Ein erster Schritt dazu war am 29. November 1947 die Benedizierung des zu einer Kapelle umbebauten Schulraumes, in dem fortan regelmäßig die Gottesdienste gefeiert wurden.

Kurz vor der Gründung des Ruhrbistums unterzeichnete der Erzbischof von Köln, Joseph Kardinal Frings, am 8. Dezember 1957 die Urkunde, die St. Judas Thaddäus zur Rektoratspfarrei erhob. Katholiken aus zwei Essener Gemeindenm bildeten nun eine christliche Gemeinschaft, für die Eduard Lienberz, vom Kölner Erzbischjof schon am 29. Februar 1956 mit der Seelsorge für diesen Bezirk beauftragt, am 17. April 1958 erster Rektorats-Pfarrer wurde. Obwohl ein Kirchbauverein bereits seit dem 6. Juni 1956 bestaned, verzögerte sich, bedingt durch die Errichtung des Bistums Essen, der Bau des Gotteshauses, das erst zweieinhalb Jahre nach der Pfarrgründung, am 17. Juli 1960, von Weihbischof Julius Angerhausen konsekriert werden konnte.

Bei St. Judas Thaddäus zeichnet sich eine neue Entwicklungslinie ab, denn die neugegründeten, meist kleiene Gemeinden benötigen keine groß dimensionalen Kirchen. Ihr Maß orientiert sich an der umliegenden Wohnbebauung: sie werden angepaßt oder durch besonders originelle Bauformen hervorgehoben. In sogenannten Kirchenzentren wird der sakrale Raum, wie bei St. Judas Thaddäus, in einen geschlossenen Bezirk eingebunden.

Der Essener Architekt Ernst A. Burghartz hat den funktionalen Gebäudekomplex an der Einbleckstraße in Dellwig geplant. Das Ensemble aus Kirche, Pfarrhaus, Jugend und Kindergarten (1994 vom Landschaftsverband Köln als Kindertagesstätte anerkannt) ist um einen Gartenhof gruppiert. Die dreißig von Ziegelwänden umschlossene, flachgedeckte Saalkirche wird durch eine hohe Glasfassade belichtet. Da sie hinter einer Doppelreihe dreieckiger Ziegelsteinstützen aufsteigt, schafft sie eher Distanz als Transparenz zum querförmigen, schlichten Kirchenraum.

Der erhöhte Altarraum bietet mit Altar, Tabernakel und Ambo eine Einheit, die seit 1969 durch das große Hängekreuz von Gottfried Kappen aus Kirchhellen noch besoinders betont wird. Erwähnenswerte sakrale Kunstwerke sind zudem die Terracotta-Statue Madonna mit Kind des Mülheimer Künstlers Ernst Rasche (1975), die Holzplastik des Heiligen Judas Thaddäus aus der Gelsenkirchener Werkstatt des Bildhauers Kirchhoff und der Kreuzweg von Werner Persy aus Trier.
Aus dem Jahre 1971 stammt die von Norbert von Ooyen aus Kevelaer gefertigte Tabernakel-Stele. Der Ambo, der sich nach Auffassung von Diözesanbaumeister Dr. Heinz Dohmen harmonisch in das Gesamtbild des Innenraums einfügt, wurde aus Marmorresten der alten Kanzel 1991 von den Gemeindemitgliedern Werner Thiel und Helmfried Teutloff gestaltet. Wertvoll ist auch ein gotischer Meßkelch von 1921 aus dem Nachlaß des aus dieser Gemeinde stammenden Priesters Josef Tenbusch.

Besonders stolz sind die Pfarrmitglieder auf ihre Krippe, die der Holzbildbaumeister Hans Klucken aus Ommerammergau 1961 fertigte und die derzeit bei der Krippana in Losheim bei Monschau, der bedeutendsten Krippenausstellung Europas, zu sehen ist. Beachtung verdient auch der 2 x 2,5 Meter große Wandbehang Jesus und die Emmaus-Jünger, der seit dem Frühjahr 1992 den Altarraum schmückt und unter Anleitung von Anita Kaschek und Gertrud Jaksch von mehreren Frauen der Gemeinde nach Vorlage eines Bildes aus der Kathedrale in Quimper/Bretagne handgearbeitet wurde.

Seit 1961 ist die Pfarre in Besitz einer Glocke aus dem Jahre 1688, die allerdings erst wieder geläutet werden kann, wenn sie im geplanten und vom Bistum Essen bereits genehmigten Neubau des Pfarrheimes einen neuen Platz gefunden hat. Sie stammt aus der Glockengießerei David Jonas aus dem ehemaligs ostpreußischen Elbing. Von einer Kirche in Regertelen (Kreis Heilsberg) gelagte das fein verzierte Stück, das bis zum Kriegsende auf einem Glockenfriedhof in Hamburg lag, über die Oberhausener St. Michael Gemeinde hierher. Der Glocken Hobby-Fachmann Heinrich Paul aus Hamburg hat inzwischen auch die beiden anderen, zu diesem Geläut gehörenden Glocken aufgestöbert.

Strukturell hat sich in der einstigen Arbeiterpfarrei St. Judas Thaddäus manches geändert. Viele junge Familien fanden in den 1971/72 neu entstandenen Häusern an der Quell-, Anker- und Hafenstraße ein neues Domizil, nachdem die Bergbauhäuser in der alten Kolonie wegen Baufälligkeit abgebrochen werden mußten. Besondere Schwerpunkte in der Gemeindepastoral sind auf die Familien- und Kinderarbeit sowie auf die Begleitung heranwachsender Jugendlicher abgestimmt mit dem Ziel, eine lebendige Pfarrgemeinschaft zu erhalten.


Zeittafel von St. Judas Thaddäus

1957 08. Februar Erhebung der St.Judas Thaddäus Gemeinde zur Rektoratspfarrei durch Erzbischof Kardinal Joseph Frings aus Köln.